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Abhijit V. Banerjee & Esther Duflo
Poor Economics. A radical rethinking of the way to fight global poverty.
Wo bekomme ich sauberes Trinkwasser? Woher bekomme ich das Geld für die Arztrechnung? Wie kann ich Geld für das Alter beiseite legen, so dass ich mir sicher sein kann, dass es in 30 Jahren wirklich da ist? Und kann ich für einen Job in eine fremde Großstadt ziehen, in der ich niemanden kenne der mir helfen könnte?Menschen die in Armut leben, haben wie es scheint viel mehr existenzielle Entscheidungen zu treffen als wir: wir bekommen sauberes Trinkwasser aus dem Hahn, sind Pflicht-krankenversichert und -rentenversichert, und wenn wir für einen Job aus unserer Heimat wegziehen wollen, wissen wir, dass wir im Notfall immer versorgt sind. Und was noch viel gravierender ist: wenn wir eine zuverlässige Information brauchen, haben wir sie in wenigen Sekunden. Über viele dieser Themen müssen wir also gar nicht nachdenken.
Poor Economics geht das Thema Armut und die Zusammenhänge aus vielen verschiedenen Perspektiven an. Armut wird übrigens folgendermaßen definiert: Die durchschnittliche Armutsgrenze der 50 ärmsten Länder entspricht ungefähr 1 €/Tag relative Kaufkraft. D.h. wer mit weniger als einem €/Tag in München zurechtkommen muss gilt als arm. Wahrscheinlich wäre man allerdings in München mit 30 Euro pro Monat schon sehr arm! Dieser eine Euro Kaufkraft pro Tag entspräche in Indien ca. 16 Rupees – genug um ein Kilo Reis zu kaufen oder 10 Baby-Bananen. Schon nach ein paar Seiten wird einem klar, dass das Problem gigantisch ist – ca. 870 Millionen Menschen müssen von weniger als 1 €/Tag (relative Kaufkraft) leben. Zudem ist das Problem vielschichtig, sehr komplex und scheint irgendwie unlösbar zu sein.
Abhijit und Esther initiieren daher nicht den globalen Spendenaufruf. Es geht ihnen vielmehr darum, mit Fallbeispielen und verschiedenen z. T. sehr spektakulären Forschungsergebnissen klar zu machen, dass es natürlich schön wäre, wenn alle sauberes Trinkwasser, eine gute Schulbildung und kostenlosen Zugang zu Impfungen oder Medikamenten hätten, wenn Banken Sparkonten für jedermann und Kleinkredite auch für Kleinbauern zur Verfügung stellen würden – damit diese Dünger kaufen können, wenn Familien nur 2 Kinder anstelle der durchschnittlich 6 hätten und wenn Entwicklungshilfegelder dort ankämen, wofür sie gedacht waren.Leider ist die Realität eine andere: viele der Armen haben keine Kanalisation, d.h. das Abwasser (inkl. Fäkalien) und das Trinkwasser vermischen sich früher oder später, was zwangsläufig zu Krankheiten und hoher Kindersterblichkeit führt. Ein Lehrer in Indien erscheint durchschnittlich einen Tag pro Woche nicht zum Unterricht. Da aber die Schulnoten eh am stärksten von der Kaste des Kindes bestimmt werden – und nicht von der schulischen Leistung – ist das fast schon ein untergeordnetes Problem. Das Resultat ist erschreckend: am Ende der Elementarstufe können bis zu 50% der Kinder nicht lesen. Viele kostenlose Impfprogramme sind leider so angelegt, dass Mutter und Kind für jede Impfung den Weg zur Impfstation antreten müssen. Braucht eine vollständige Immunisierung mehrere Shots und geht es um mehrere Impfungen, kann das für eine Mutter mit Kind viele 20km-Märsche zur Impfstation bedeuten.
Typischerweise verlangen Banken höhere Kontoführungsgebühren als das, was der Sparer jemals an Zinsen verdienen kann. Das liegt nun nicht nur an den Banken sondern vor allem an den zu kleinen Beträgen, die Menschen in Entwicklungsländern zum Sparen zur Verfügung haben. In Ermangelung von funktionierenden Rentensystemen stellen daher Kinder oftmals die Altersvorsorge der Eltern dar. Je mehr Kinder also, desto besser – wegen der höheren „Rendite“ übrigens am liebsten Jungen. Und ein Großteil der Entwicklungshilfegelder – bis zu 87% (!) – bleibt bei korrupten Beamten hängen. Das ist wahrscheinlich für viele unter uns nicht neu. Doch was das Buch ausmacht, ist die schonungslose Offenheit und Klarheit, mit der diese und noch viele andere Aspekte der Armut in der Welt aufgezeigt werden und in einen logischen Zusammenhang gebracht werden.
Alles in allem hat mich das Buch sehr erschüttert, weil es unzählige Beispiele aufzeigt, in denen gute Ideen an „bad institutions“ gescheitert sind. In Ruanda z.B. ist ein Programm zur Verbesserung der Ausbildung an Schulen zunächst gescheitert weil die schon erwähnten 87% der Hilfsgelder für die Schulen in irgendwelchen Beamtentaschen auf dem Weg von der Regierung zum Schuldirektor „verloren gegangen“ sind und damit nur 13% an der richtigen Stelle ankamen. Was für ein unglaublicher Gedanke, dass Tausende von Kindern nicht in den Genuss besserer Bildung kommen können, weil Staatsdiener die Hand aufhalten.
Und gleichzeitig hat mich dieses Buch zuversichtlich gemacht, dass man Armut erfolgreich bekämpfen kann: Ruandas Regierung hat sich nach Bekanntwerden des hohen „Schwunds“ kurzerhand entschlossen, die Zuwendungen je Schule in der lokalen Tageszeitung zu veröffentlichen. Und siehe da, dieses kleine bisschen Transparenz führte dazu, dass 80% der Gelder tatsächlich in den Schulen ankamen.
Poor Economics ist spannend und kurzweilig und oft leider extrem ernüchternd!
Peter |
Schreibt lieber den Blog weiter..kanns kaum erwarten wieder von euch zu lesen..:)
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Aha, dass hört sich interessant an…Nichts tun und die Probleme verpuffen lassen gefällt mir ;-)
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Tolle Buchtips!
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Liebste Jenny, es freut mich sehr, dass meine eigenen Leseerfahrungen – „Unschuld“ – Spuren hinterlassen haben – keep on going … we are watching you ;-) FreDo*
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@Fredo: Danke für die vielen Leseinspirationen. Hab deine Liste auch dabei! :)
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Hi wenn ihr mal nach Kisumu (am Lake Victoria kommt,) herzlich wilkommen! haben hier eine kleine Ministry, bin mit einer Kenianerin Verheiratet und richte gerade meinen Hanomag her, den wir geschenkt bekommen haben, der vor vielen Jahren hier mal abgestellt wurde.
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Hi Friedemann,
danke! Wir kommen auf jeden Fall vorbei, sollten wir noch nach Afrika fahren!
„Namaste“ aus Nepal!
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Vielen Dank für diese Umfangreichebuchliste, in Vorbereitung auf unsere Asienreise habe ich gleich einmal unsere Bibiothek aufgestock. Grüße Deutschland die Wanderkuh
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Das freut uns, liebe Wanderkuh!
Herzliche Grüße nach Deutschland! J+P
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