Glaarkshouse

Incredible India. Love it or leave it?

Indien. Man liebt es. Oder man hasst es. So sagt man. Zum dritten Mal bereits beginnen wir diesen Artikel. Es scheint uns schwer zu fallen, unsere Gedanken zu diesem Satz in Worte zu fassen.

Aber der Reihe nach. Nachdem wir die Cybercity Hyderabad verlassen haben, haben wir das dringende Bedürfnis nach Natur und wollen uns weiter nördlich auf die Suche nach den wenigen indischen Tigern in Freiheit machen. Wir brauchen wieder ein wenig Grün um uns herum. Und dieses finden wir auch ausreichend – im Tadoba National Park. Nach ein paar organisatorischen Schwierigkeiten lässt man uns zur morgendlichen Safari in den Park und auch wenn wir nicht besonders viele wilde Tiere finden, so erleben wir für wenige Minuten einen Tiger in freier Wildbahn! Ein atemberaubendes Erlebnis zum Sonnenaufgang!

Nach drei Tagen in der Natur machen wir uns auf in Richtung Pench National Park, für zwei aufregende Tage im Dschungel mit den Autofotografen KUNAL KELKAR und Caleb. 

Von dort geht es weiter nach Norden zur herbstlich anmutenden Hill Top Station Pachmari – einem wunderschönen Stück Erde, das uns einen echten „Indian Summer“ mitten in Indien bietet. Hier verbringen die Inder gerne den Sommer, wenn es zu den heißesten Monaten im Jahr in den Städten unerträglich wird.

Auch die berühmten buddhistischen Stupas in Sanchi und die Tempelanlagen in Khajuraho mit ihren erotischen Skulpturen gefallen uns außerordentlich gut.

Der Taj Mahal in Agra ist ein Muss. Das „schönste Gebäude der Welt“ besuchen wir zum Sonnenaufgang und sind sehr begeistert, wenn auch der Rest der Stadt eher anstrengend weil viel zu touristisch und extrem hektisch ist.
Von Agra ist es nicht weit nach Delhi, wo wir ein paar Dinge für unser Auto erledigen müssen. Neue Solarpanels und neue Shelter-Batterien müssen her, nachdem sich unserem Solarpanel in Pachmari ein dicker Ast in den Weg gestellt hat. Delhi scheint für uns irgendwie „gar nicht“ wie der Rest Indiens. Es wirkt im Vergleich sehr aufgeräumt und modern. Sechs Nächte verbringen wir vor der pakistanischen Botschaft im Nehru Park. Dort ist es nachts sehr ruhig, bewacht und sicher.

Als ein großer Teil unserer Erledigungen geschafft ist, brechen wir auf nach Rishikesh, dem spirituellen Zentrum Indiens in dem sich Ashrams und Yoga-Zentren den Platz in den engen Gassen streitig machen. Doch auch Rishikesh ist sehr touristisch, die Ashrams umsäumt von Souvenirgeschäften und so will der Spirit nicht so recht auf uns überspringen. Das friedliche Ganges-Ufer jedoch, die hohen Berge um Rishikesh und die vielen Wälder laden zu entspannenden Spaziergängen ein. Nach zwei Tagen müssen wir allerdings wieder zurück nach Delhi. Teil 2 unserer Instandsetzung der neuen Bordelektrik wartet schon auf uns.
Also alles in allem erleben wir sehr viel Schönes in Maharashtra, Madhya Pradesh, Uttar Pradesh und Uttarakhand – im Zentrum Indiens.

Pench National ParkPench National Park Pench National Park Pench National Park Tadoba National Park Pench National Park Tadoba National Park Tadoba National Park Pench National Park Pench National Park Somewhere out there Pachmari Pachmari Pachmari Pachmari Sevagram Ahsram School Pachmari Pachmari Sanchi Sanchi Sanchi Sanchi Khajurao Khajurao Khajurao Khajurao Khajurao Khajuraho KhajurahoKhajurahoStreets Streets Gwalior Gwalior Agra Agra Agra Im Taj Mahal Taj MahalTaj MahalTaj Mahal Taj Mahal Agra Kids Ganges River Retro Rishikesh Rishikesh Rishikesh Rishikesh Ganges River Ganges River Parnath Ashram Parnath Ashram Parnath Ashram Parnath Ashram

Und dennoch haben sich unsere Gefühle in den letzten Wochen ein wenig verändert. Wir fühlen uns erschöpft! Ist es die bekannte „Indienmüdigkeit“, die so viele Reisende hier nach einer gewissen Zeit ereilt?
Wir denken viel darüber nach, tauschen uns aus. Wir müssen wohl auch die „andere“ Seite schildern, wenn wir erzählen wollen, wie wir das Land ganz persönlich auf dieser Reise mit unserem eigenen Fahrzeug erlebt haben.

Nun, seitdem wir Nagpur verlassen haben, sind die Straßen erheblich schlechter geworden. Und ja, wir müssen zugeben, bis zu dieser Reise konnten wir uns unter dem Begriff „schlechte Straße“ nicht wirklich etwas vorstellen. Also wir sprechen hier nicht von ein paar Schlaglöchern oder Schotterpisten. Kurz und gut – wir sind sehr glücklich, mit unserem geländetauglichen Unimog unterwegs zu sein, denn wenn ein Auto mit solchen Verhältnissen umgehen kann, dann ein so eines! Jedenfalls sind die Fahrten nicht nur nervlich anstrengend, sondern wir gehen auch körperlich an unsere Grenzen, wenn wir für 120 km etwa 10 Stunden auf der Straße sind.

Auch der Verkehr an sich scheint (noch) verrückter zu werden, je nördlicher wir kommen. „Wie, der Verkehr in Indien ist chaotisch? Was für eine Überraschung?“ Nein, eine Überraschung ist es natürlich nicht. Vielleicht eher eine Möglichkeit zu „wachsen?“ Im Ernst, natürlich war uns das schon vor der Reise bewusst, dennoch schützt uns das Wissen darum nicht vor der Wut darüber, täglich in mehr oder weniger lebensgefährlichen Situationen zu stecken, an tödlichen Unfällen vorbei zu fahren, Kinder in unglaublich brenzligen Situationen zu sehen, sich an das Bild toter Hunde und anderer Tiere gewöhnen zu müssen und dann noch lächelnd die Frage gestellt zu bekommen Why you buckle up? You don’t have to! We’re in India!“

Die Rücksichtslosigkeit hier im Straßenverkehr macht traurig, müde und auch hilflos! Und nicht nur uns! Wir haben viele Inder kennengelernt, die hier selbst niemals Auto fahren würden. „I would never drive here! Am I stupid?“

Und es gibt noch eine weitere Form der Rücksichtslosigkeit, die uns mit jedem weiteren Reisetag in Indien mehr und mehr erschöpft: der Müll – und der für uns „westliche“ Menschen unverständliche, rücksichtslose Umgang mit diesem. Das Thema Müll ist schon seit dem Südosten Europas eines unserer meist diskutierten Themen – auch mit den vielen anderen Reisenden. Die Fassungslosigkeit nach Beobachtung des ignoranten Wegwerfens von Abfall – egal in welcher Alters-, Bildungs- oder Wohlstandsschicht – macht uns traurig. Und unsere Aufräumaktionen am Strand, unser oft lächerlich wirkendes „westliches“ Sendungsbewusstsein mit dem Versuch zur Aufklärung, das freundliche Belehren der Kinder oder das Bezahlen von einheimischen Müllfrauen mit dem Auftrag des Säuberns ganzer von indischen Touristen zugemüllten Wiesen schaffen nur kurzfristige Erfolgserlebnisse. Dass wir bis zum heutigen Tag unseren Abfall aufgrund mangelnder Mülltonnen oft tagelang durch die Gegend fahren um ihn dann offensiv und gut sichtbar selbst in der schmutzigsten Stadt in einer Mülltonne zu versenken, wundert uns manchmal selbst. Oft schon haben wir den Wunsch verspürt, manchen Menschen den Müll einfach nur noch vor die Füße zu knallen. Wenn es doch nur jemanden ärgern würde!

Traurig ist, dass man immer wieder herzlich und lächelnd dazu eingeladen wird, ihn doch einfach hinter die Mauer zu werfen, oder in den Fluss, oder einfach hinter das nächste Auto. „It’s okay! It’s free! We’re in India!“

Aber wir möchten nicht unfair sein. Die Städte und Bundesstaaten Indiens sind sehr unterschiedlich. Es gibt auch sauberere Gegenden. Hyderabad, Delhi und die Touristen-Hotspots haben auf uns einen relativ aufgeräumten Eindruck gemacht. Es gibt Mülltonnen und scheinbar auch eine funktionierende Müllbeseitigung.

Und wer sind wir überhaupt, zu richten über die Ursachen und Gründe des Missstands. Wo soll der Müll landen, wenn es keine Mülltonnen gibt? Woher sollen Kinder wissen, was mit dem Müll zu tun ist, wenn es ihnen nicht beigebracht wird? Ist der Müll mein fundamentalstes Problem, wenn ich Mühe habe, meine Familie zu ernähren? Und ist es nicht okay, das zu tun was eh alle tun? Schließlich ist die Verantwortung dafür doch auf 1.3 Mrd. Menschen verteilt?

Auch am Strand in Agonda war nicht alles paradiesisch. Ein Beispiel: Es ist Sonntag. Ein Bus fährt an den Strand. 50 Jugendliche steigen aus, inklusive Gruppenleiter oder Lehrer. Dann wird gefeiert, getanzt oder Cricket gespielt und nach ein paar Stunden steigen 50 Leute wieder in den Bus. Leider haben sie etwa 50 Plastikteller, 50 Plastikbecher, 50 Chipstüten und 50 Wasserflaschen auf der Wiese vergessen! Die organischen Abfälle nicht zu vergessen. Aber dafür gibt es ja zum Glück die Kühe und die Schweine. Mein Gott, was wäre Indien ohne die Schweine und die Kühe?
Aber auch hier wiederum lernen wir viele Menschen kennen, die diese Situation in ihrem eigenen Land mehr als missachten. Es gibt ein wachsendes Bewusstsein hier, doch es steckt noch in den Kinderschuhen.

Und natürlich ist da auch der Krach! Der ist immer da. Nur manchmal nimmt man ihn weniger wahr, weil man entspannt ist. Wenn man allerdings mehrere Stunden im Stau einer mittelgroßen indischen Stadt steht, so bringt er einen an die Grenzen. Aber auch hier möchten wir nicht richten, denn unser europäischer Hintergrund mit dem starken Bedürfnis nach Harmonie und Frieden unterscheidet sich sehr stark von einem indischen. Und wir beide können und wollen nicht behaupten, was hier richtig und was falsch ist. Dennoch der Krach, das Nonstop „Blow OK Horn Please!“ Yeah, die laute Musik aus scheppernden Boxen, die ADHS-Klingeltöne sowie das Geschrei erschöpfen uns immer mehr. Es bleibt uns nur eines: mitschwimmen in dieser Geräuschkulisse. Und darum haben wir uns in Nagpur erst einmal eine lautere Hupe zugelegt. „OK then, Horn Please!“

Wenn wir nun also in uns reinhorchen, ist es nicht Indien, das sich in den letzten Wochen für uns verändert hat. Wir sind es selbst. Nach vier Monaten hier können wir nicht sagen, dass wir Indien bedingungslos „lieben“ … noch weniger können wir sagen, dass wir es „hassen“. Was also ist es dann? Bildlich betrachtet müssten wir uns die Frage in der Headline wohl selbst mit einem Headwobbler beantworten!

Wir lieben so vieles in diesem Land, die wundervollen Menschen, die Hilfsbereitschaft, die Farben, die Landschaften, die Gewürze, die Kinder, die Geschichte, die historischen Plätze, die geschützten Nationalparks, das fantastische vegetarische Essen … dieses wahnsinnige Chaos in dem irgendwie alles zu funktionieren scheint, die allgegenwärtige Spiritualität, das Miteinander der vielen Religionen, das an so vielen anderen Plätzen auf der Welt nicht so gut funktioniert wie hier.

Wir haben wundervolle Menschen kennengelernt. Danke Dinesh, Khram, die wundervollen Menschen der Anandvan Colony in Islampur, Shrini, Deepti, Vinod, Mitra, Kunal, Caleb, Rupesh, Murli, Falgun, Anand, Pratik und seine fröhliche Familie, Mr. Singh und sein ganzes Team, Anand und Deepti, Aksh, Kaustobh und das Bhagvan Team, Rajat … und so viele mehr. Danke für die tolle Zeit mit euch! Ihr alle seid es mal wieder, die uns zeigen, wofür wir diese Reise machen! Indien war gut zu uns!

Aber es gibt doch auch noch andere spannende Länder zu entdecken. Und daher ist es für uns nach vier Monaten an der Zeit zu gehen. Weiter. Richtung Norden. Wir freuen uns auf ein wenig Ruhe. Wir werden diese vier Monate nicht so schnell vergessen. Incredible India! In jeglicher Hinsicht.

We love it. But now we have to leave it!

On the road On the road On the road On the road On the road Blow Horn Please! On the road Gwalior Fort Trash On the road On the road Gandhi

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6 Kommentare

  1. Barbara kelz

    Hi, ihr, kurzer Kommentar zu Indien oder als Nachtrag zu euren Empfindungen….. Ganz schlimm finde ich die Ergebenheit der taegliche. Situation in der sich der einzelne befindet, alles wird hingenommen, a b e r wie soll es auch der Einzelnen aender. ihr habt es klar erkannt….. Es steht uns nicht zu. macht weiter so mit euren Gedanken! Euren Autofahren, Essen, Filmen, Gruß ich

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