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„Hallo! Brauchen Sie Hilfe?“ Iranische Schutzengel heißen Djavad.

Der iranische Verkehr ist die Hölle! Und es ist vollkommen egal, ob man auf einer nahezu unbefahrenen Landstraße unterwegs ist, in einem Dorf oder einer Metropole. Gängige Glaubenssätze – wie z.B. „Rechtsverkehr bedeutet, dass man selbst rechts und der Gegenverkehr links fährt“ – sind vollkommen irrelevant! Und es ist mehr als naiv, eigentlich fast tödlich, anzunehmen, dass die Anzahl der Fahrspuren auf der Straße irgendetwas mit der Anzahl der Fahrzeuge, die nebeneinander fahren, zu tun haben könnte. Ein guter Multiplikator ist 1,5 oder besser 2. Also 3 Spuren bedeuten 6 Autos nebeneinander. Die Menschen, die dabei noch die Straße überqueren, sind dabei noch nicht mitgerechnet. Ein Glück, dass unser LKW gut zu sehen ist! So schwimmen wir so gut es geht mit.

Iranischer Verkehr Alltag

Und es war einer dieser langen Tage: Tankstelle mit Diesel finden und frohlocken bei den Preisen – 10 Euro für 130 Liter Diesel – Geldwechseln zu einem realistischen Kurs, Wasser und Essen einkaufen und 5 Stunden bei zunehmender Hitze Autofahren. Von Maku nach Tabriz. Am späten Nachmittag kommen wir endlich an. Wir versuchen unser Glück mitten in der Stadt, suchen einen Stellplatz, beleuchtet und nicht zu einsam. So unsere Regeln. Wir kreisen durch Tabriz und verzweifeln am Verkehr. Die Stadt erwacht zusehends aus dem Hitzekoma des Nachmittags. Es wird voll. Alle paar Nanosekunden ertönt irgendeine Hupe. Dazwischen wie immer, immer wieder „Hello Mister! Where are you from?“

Da wir uns wie immer nicht auskennen nehmen wir mal wieder eine „falsche“ Straße! Dann noch eine. Simba ist zu breit! Wir manövrieren uns an parkenden Autos vorbei und unter Bäumen durch. Es ist anstrengend und wir halten kurz in zweiter Reihe, um einen neuen Plan zu machen. Und dann höre ich plötzlich eine fremde Stimme und eine Sprache bzw. einen Dialekt, der hier ganz gewiss nicht her gehört. „Hallo! Brauchen Sie Hilfe?“ Meine Frau beugt sich aus dem Fenster und spricht mit einem Mann, den ich nicht sehen kann. Sie verabreden, dass wir ihm erst mal aus dieser Straße hinterherfahren. Wir parken in einer breiten Querstraße, steigen aus, stellen uns vor.

Vor uns steht Djavad. Wie sich herausstellen wird: unser Schutzengel! Und das nicht nur einmal! Djavad hat 18 Jahre in Deutschland gelebt, in Düsseldorf um genau zu sein. Er kommt aus dem wunderschönen und vor allem sehr offenen und freundlichen Tabriz. Nach dem Ingenieurstudium ist er nach Deutschland gegangen um zu arbeiten, sich eine Existenz aufzubauen. Zwei seiner drei Söhne studieren noch in Deutschland, so dass er immer noch regelmäßig zu „Hilfsaktionen“ in die alte Wahlheimat eilen „muss“, sei es um bei Umzügen zu helfen oder um einfach nur nach dem Rechten zu sehen!

Da wir gerade erst drei Tage im Iran sind, versuchen wir immer noch die Spielregeln des Irans zu verstehen. Und da kommt Djavad mehr als gerufen!

Ehe wir uns also versehen sind wir mitten drin in einer privaten Stadtführung. Tabriz-Highlights zu Fuß. Dabei ergattern wir eine iranische SIM-Karte und essen das beste Kebab von Tabriz, vielleicht des Irans. Mit seiner wunderbar leichten Art uns „seine“ Stadt vorzustellen, gewinnen wir schnell einen Überblick über Tabriz und Tabriz gewinnt uns als echte Fans. Wir verabreden uns natürlich für den nächsten Tag. Als es spät wird fallen wir in unserem Zuhause ins Bett. Und unser Zuhause steht nun mitten drin in dieser Stadt.

Sightseeing Stellplatz in Tabriz

Der Bazaar in Tabriz ist nachgewiesenermaßen der größte Bazaar der Welt – gemäß Lonely Planet zumindest. Nachdem wir diesen den gesamten nächsten Tag erkundet haben, treffen wir unseren Schutzengel am späten Nachmittag wieder. Er fährt mit uns zu seinem Gartenhaus außerhalb der Stadt. Nach einer halben Stunde Fahrt stellen wir Simba unter einen Hain von Walnussbäumen. Es ist ruhig hier. Auch ein bisschen kühler als in der Stadt. Wir kommen ein bisschen zur Ruhe.

Später kommen noch Djavads Schwester Robab, sein Schwager Hosang und deren Sohn Sina. Wir grillen zusammen (Hühnerleber Kebap), reden über den Iran, über Deutschland, die Politik, die Religion und das Leben und „schwupps“ drückt mir Djavad die Schlüssel zu seinem Gartenhaus in die Hand. Sie wollen zurückfahren, wir sollen erst mal ausschlafen und vor allem unseren Wassertank mit dem frischen Quellwasser auffüllen. Jen und ich schauen uns ein bisschen verdutzt an. Wir wissen nicht, ob wir diese Gastfreundschaft und das uns entgegen gebrachte Vertrauen so einfach annehmen dürfen. Djavad entgegnet beiläufig „Ihr seid meine Freunde und damit seid ihr wie Familie!“ So einfach – und so wunderschön – kann das sein.

Bazaar in Tabriz Djavad Hühnerleber Technik Talk

Wir schlafen wie die Engel im Garten des Schutzengels. Als wir am Morgen gerade zusammengepackt haben hören wir eine Hupe. Vor uns stehen Djavad und sein Neffe Sina mit einem Frühstück in der Hand. Wir genießen das bis in den frühen Nachmittag. Als wir uns langsam aufmachen wollen stellen wir fest, dass uns Djavad und seine direkt Art sehr ans Herz gewachsen sind.

Der Abschied fällt schwer in diesem Moment und wird auch noch ein bisschen hinausgeschoben: Simba muckt ein bisschen und wir brauchen eine Werkstatt. Wer hilft uns dabei? Natürlich unser Schutzengel. Wir verbringen den Rest des Nachmittags in einem gigantischen Hinterhof voller LKWs und Mechaniker – die sich natürlich alle brennend für das Getriebe eines Mercedes Benz Unimog interessieren.

Irgendwann scheint das Problem behoben und wir verabschieden uns tatsächlich von Djavad. Aber nicht zum letzten Mal – wie sich noch herausstellen wird.

Die kommenden vier Wochen ist Djavad unser steter Begleiter aus der Ferne. Von der Übersetzung hunderter Kebap-Varianten persischer Speisekarten über ein regelmäßiges „Alles klar bei euch?“ bis hin zu kompliziertesten Buchungsvorgängen der iranischen Fährgesellschaft ist Djavad immer für uns da, wenn wir ihn brauchen. Und auch wenn wir die schwierigsten Situationen alleine meistern, so fragt er rührend „Warum habt ihr mich nicht angerufen!“

Und drei Wochen später jagt Djavad seine ganze Familie 2.000 km von Tabriz bis nach Shiraz – (unter anderem) auch um die beiden verrückten Deutschen mit ihrem Unimog noch einmal kurz wieder zu treffen! Unglaublich!

Persepolis Picknick on Persepolis Djavad, Araz und Marian Araz

So haben wir Djavad, Marian und den kleinen Araz auf einen Tee und ein paar persische Köstlichkeiten auf dem Parkplatz bei Persepolis mit großem „Hallo“ wieder getroffen! Es waren wieder ein paar tolle Stunden und eine unvergessliche Begegnung!

Danke, Djavad! Du bist großartig! Danke für deine 24/7 Erreichbarkeit, deine Hilfe, deine Ratschläge und das wunderschöne Gefühl, einen wahren Freund gefunden zu haben! Wir werden dich ganz bestimmt wieder treffen! Und darauf freuen wir uns jetzt schon! Und ja: es sollte so sein!

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3 Kommentare

  1. djavad navin

    Ich bedanke Gott Dass er dieser möglichkeit mir gegeben hat das ich euch wenn auch wenig und kleinichkeiten gemacht habe aber dafür habe ich zwei sehr gute freunde gefunden .und danke euch das ihrer für mich vertraut habt.ich warte auf euch und sogar eure andre bekannten und freund weil eure freunde sind auch mein freunde es lebe erliche freundschften und es lebe friden und freude auf ganzem welt.ich warte auf euch.

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  2. Pingback: “Weil ihr Gäste seid in unserem Land!” | Glaarkshouse

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